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MDR1 Gendefekt beim Hund erklärt

MDR1 beschreibt ein Gen und steht für Multidrug Resistance. In einigen Rassen, vor allem Hütehunden, kommt dieses Gen mutiert vor. Die mutierte und dadurch defekte Version des Gens löst eine Überempfindlichkeit gegenüber bestimmten Medikamenten aus.

Es ist wichtig, die medizinische Behandlung von Hunden mit der Mutation gegebenenfalls anzupassen, denn ungeachtet kann die Überempfindlichkeit zum Tod des Hundes führen!

Der Status des einzelnen Hundes kann nur über einen Gentest festgestellt werden. 

Wie das gesunde Gen funktioniert

Das durch das MDR1 Gen  (auch ABCB1 Gen) entstehende Protein bildet einen aktiven Transporter, der Gifte und Schadstoffe aus den Zellen, insbesondere Zellen, in die Blut-Hirn-Schranke transportiert. Zu diesen Stoffen zählen auch bestimmte Medikamente, die in der Tiermedizin verwendet werden.

So wird der Hund von dem gesunden Gen davor geschützt, dass sich Gifte im Gehirn anreichern können und es zu einer Vergiftung kommt. Abbildung

Häufig vom Defekt betroffene Rassen

Die für den Gendefekt verantwortliche Mutation fand wahrscheinlich bei einem Vorfahren der britischen Hütehunde, insbesondere der Collies, statt, sodass heute viele der mit diesen Hunden verwandten Rassen betroffen sind und klassischerweise mit dem Defekt assoziiert werden.

Die folgende Liste enthält die am häufigsten betroffenen Rassen:

  • Britische Hütehunde (Border Collie, Lang- und Kurzhaar Collie, Sheltie, Bobtail, English Shepherd, Old English Sheepdog)
  • Amerikanische Hütehunde (Australian Shepherd, Miniature American Shepherd, McNab)
  • Whippet, Silken Windsprite, Silken Windhound
  • Weißer Schweizer Schäferhund
  • Wäller
  • Elo

Auch Mischlingen, bei denen eine oder mehrere betroffene Rassen mitgemischt haben könnten, sind womöglich betroffen. Es empfiehlt sich, einen Gentest durchzuführen, wenn eine der genannten Hunderassen in der Verwandtschaft vermutet wird.

Dies ist keine umfassende Liste, bitte informieren Sie sich über Ihre Rasse und ob diese von dem Defekt betroffen ist. 

Die Einkreuzung von Merle (zB durch den Sheltie) in diversen Rassen könnte möglicherweise durch von dem MDR1 Defekt betroffenen Hunden passiert sein, was den Defekt in bisher unbetroffene Populationen eingeführt haben könnte. Bei undurchsichtiger Abstammung könnte sich ein Test lohnen.

Merle Sheltie
Blue Merle Sheltie

Der betroffene Hund

Da die Arzneimittel durch das Fehlen oder unzureichende Vorhandensein des MDR1 Proteins nicht abtransportiert werden, reichern sie sich im Gewebe des Gehirns, des Nervensystems und anderen Organen an.

Unter anderem haben betroffene Hunde dann eine Überreaktion auf das oft verwendete Medikament Ivermectin (Wirkstoff zur Parasitenbekämpfung). 

Heterozygote Hunde vertragen höhere Dosen der Medikamente ohne Folgen als Hunde, die homozygot für den Defekt sind. Gefährdet sind allerdings auch die heterozygoten Hunde.

Bei betroffenen Hunden muss deshalb besonders auf die Dosierung des Medikamentes geachtet werden.

Hunde können auch über den Kot anderer Tiere die problematischen Medikamente aufnehmen, da diese auch bei Nutztieren verwendet werden. 

Die Wirkstoffe werden auch bei anderen Haus- und Nutztieren verwendet, findet ein Hund deren Kot und frisst ihn, kann er sich auch eine Vergiftung zuziehen. Besonders bei Pferdeäpfeln aufpassen!

Relevante Medikamente

Gefährlich sind einige Stoffe der Avermectine. Gleichzeitig sind Dosis und Art der Verabreichung relevant. Unter bestimmten Grenzwerten stellen die Medikamente keine Gefahr dar. Deshalb können die relevanten Wirkstoffe für manche Behandlungen verwendet werden, während bei anderen davon abgesehen werden sollte. Auch die verschiedenen Avermectine unterscheiden sich in ihrer Toxizität. Die Toleranz für Ivermectin und Doramectin ist am niedrigsten, was sie am gefährlichsten macht. Andere können unter Umständen nach genauer Dosierung verwendet werden.

Ivermectin wird häufig zur Parasitenbekämpfung angewendet und wird ihnen wahrscheinlich bei der Entwurmung oder der Behandlung eines Floh- oder Milbenbefalls über den Weg laufen. Aus diesem Grund ist es wichtig, als Besitzer über den MDR1 Defekt aufgeklärt zu sein.

Auf diese Medikamente sollte verzichtet werden:

  • Doramectin
  • Ivermectin (Ivomec)
  • Moxidectin
  • Loparemid (Imodium)
  • Ranitidin

Auch weitere Wirkstoffe können problematisch sein, welche das sind weiß ihr Tierarzt besser als ich. 

Wichtig: Ich bin kein Tierarzt.

Falls in der Praxis die Erkrankung bei Ihrem MDR1 Hund nicht angesprochen wird, machen Sie darauf aufmerksam. Das Fachpersonal kann Ihnen fachkundiger zur Seite stehen und kennt die relevanten Medikamente besser.

Symptome

Die häufigsten Symptome von überempfindlichen falsch behandelten Hunden sind :

  • Verhaltensanomalien, Unruhe, Bellen
  • Schwäche
  • Speicheln oder Erbrechen
  • Tremor, Zuckungen oder Krämpfe
  • Koordinationsprobleme oder Desorientierung
  • Starre oder Bewegungsunfähigkeit
  • Blindheit, fehlender Pupillenreflex
  • Bewusstlosigkeit
  • Tod

Ein Gegengift gegen Avermectine wie Ivermectin gibt es nicht, es können nur die Symptome der Überdosis behandelt und der Kreislauf unterstützt werden.

Gentest als Vorsorge

Die Kosten für den Test belaufen sich auf circa 50-65€

Für den Test sendet man eine Wangenabstrich oder eine Blutprobe an ein Labor. Den Abstrich kann man als Besitzer selbst machen, die Blutprobe macht der Tierarzt.

Nach circa 14 Tagen erhält man dann per Mail oder Post das Ergebnis.

Den Test kann man schon bei Welpen durchführen, allerdings muss der Welpe für einen Backenschleimhautabstrich lange genug isoliert werden, damit keine DNA der anderen Hunde die Probe verfälscht. 

Sheltie und Mädchen

 

Allgemein ist der Backenschleimhautabstrich eher anfällig für Verunreinigungen, die das Ergebnis beeinträchtigen können. Deshalb ist korrekte Handhabung und das Befolgen der Anleitung wichtig.

MDR1 Gentest Ergebnisse erklärt

Es gibt drei Genotypen

+/+  (auch N/N oder MDR1-frei (clear)) -> der Hund ist gesund, es besteht kein erhöhtes Risiko

+/-  (auch MDR1 (carrier)) -> der Hund ist Träger, es besteht eine schwächere Überempfindlichkeit (“sensitive”)

-/- (affected)  -> der Hund ist vollständig betroffen, es besteht eine Überempfindlichkeit (“super sensitive”)

“Free through parentage” oder “Frei durch Eltern” bedeutet, dass beide Elternteile auf MDR1 getestet wurden und so ein -/- Hund ausgeschlossen ist. Wenn es nicht weiter spezifiziert ist, sind Genotypen +/+ oder +/- möglich.

Vererbung

Vererbungsschema MDR1 Gendefekt
Vererbungsschema

MDR1 in der Hundezucht

Bei Shelties müssen alle Zuchttiere auf ihren Genotyp getestet werden, bevor sie zur Zucht eingesetzt werden können. Es sind nur Verpaarungen erlaubt, bei denen kein Welpe den Defekt  homozygot trägt.

Einige Züchter testen schon ihre Welpen auf ihren Genotyp, da in seltenen Fällen auch ein heterozygoter Hund Probleme mit Medikamenten haben kann. Deshalb ist eine gute Aufklärung seitens des Züchters wichtig, damit die Besitzer später Mittel mit den relevanten Wirkstoffen meiden können und ihren Tierarzt darauf aufmerksam machen können.

Es ist wichtig zu erwähnen: Der MDR1 Defekt ist kein garantiertes Todesurteil. 

Während in der Zucht -/- Hunde vermieden werden, ist ein +/- Genotyp unproblematisch und wird nicht ausgeschlossen, da einfach zu viele Hunde aus der Zucht wegfallen würden, wenn man heterozygote Hunde aus der Population ausschließt. Die Rassehundezucht hat bereits ein Problem mit zu enger Verwandtschaft unter den Hunden und dessen Folgen, sodass kein Mehrwert entstehen würde.

Quellen und weitere Links:

Merkblatt MDR1

MDR-1 – Tierklinik Trillig

MDR1-Transporter und MDR1-Defekt – TransMIT

Drug sensitivity: MDR1 – Cornell Vet (Englisch)

Frequency of the nt230 (del4) MDR1 mutation in Collies and related dog breeds in Germany (Englisch)

Breed distribution of the nt230(del4) MDR1 mutation in dogs (Englisch)

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