Ausstellungen,  Hundezucht

Hundeausstellungen: Ein Symptom und kein Problem 

Je nachdem, wo man sich in der Hunde-Bubble bewegt, wird über Hundeausstellungen gesprochen, als wären sie die Quelle allen Übels in der Hundezucht oder der absolute Qualitätsgarant für Zuchthunde. Beide Sichtweisen haben ihre Rechtfertigung.

Ein Hauptproblem von Hundeausstellungen ist, dass sie fast ausschließlich oberflächlich sind. Solange der Hund sich problemlos anfassen lässt, wird er nur anhand seines äußeren Erscheinungsbildes beurteilt. So kann es passieren, dass ein Hund mit super Charakter und eventuell außergewöhnlichem Arbeitsbetrieb allein wegen einem “minimalen” Fehler wie zum Beispiel einem falschen weißen Tupfen oder einem Knick in Rute aus dem Rennen geworfen wird.

Klar, kann man argumentieren, dass ein Schönheitswettbewerb dann einfach nicht der richtige Wettbewerb für diesen Hund ist, wenn er die Regeln nicht einhält. Doch wenn man diesen Hund wegen seiner wertvollen Charaktereigenschaften in der Zucht einsetzen möchte, kann es schwierig werden, diese Gene in der Population zu erhalten oder zu fördern, wenn der Hund keine passenden Bewertungen auf Ausstellungen bekommt und somit eventuell auch keine Zuchtzulassung erhält.

Grundlegend finde ich es gut, dass der Körperbau von Hunden bewertet wird. Eine ausgewogene, funktionale Anatomie ist wortwörtlich das Gerüst eines glücklichen Hundelebens. Als Züchter möchte man seinen Welpen den besten Start ins Leben geben, ein gesunder Körperbau ist eine wichtige Komponente davon.

Wird aber tatsächlich funktionale Anatomie prämiert? Bei den klassischen Qualzuchtkandidaten bestimmt nicht, und auch bei Rassen, deren Standard gesündere Maßstäbe setzt kommt es zu Trends im Phänotyp und der Übertypisierung bestimmter Merkmale. Ich denke solche Trends sind menschlich, sollten aber nicht toleriert werden.

Ein Problem von Ausstellungen ist auch, dass nach dem Standard gerichtet wird und nicht eben nicht nach Funktionalität und Langlebigkeit des Körpers. Idealerweise sollte der Standard Vorgaben geben, die zu dem gesündesten und funktionalsten Hund seiner Rasse führen, bei vielen Rassen funktioniert das aber nicht. Die Aufteilung einiger Rassen in Show und Leistungslinie sind der beste Beweis dafür.

Damit kommen wir zur nächsten Frage: Sollten Schönheitswettbewerbe überhaupt an die Zuchtzulassung gekoppelt sein?

Fakt ist, dass Ausstellungen für manch eine Rasse der einzige Aspekt ist, bei dem es eine Selektion auf die Zuchttiere gibt. Für viele arbeits- und sportfokussierte Rassen gibt es außerdem Prüfungen die bestanden werden müssen. Für Begleithunde gibt es aber keinen dieser Tests, weshalb die Ausstellungen herhalten müssen. Während andere Leistungsprüfungen für Mensch und Hund Sport sind, sind Ausstellungen gewissermaßen auch ein Sport, jedoch nur für Menschen.

Ich habe schon gehört, dass die Idee ist, dass Ausstellungen mit ihrem Gewusel, den fremden Menschen und Hunden und dem dort abgefragten Grundgehorsam, Fähigkeiten abfragen, die ein Begleithund auch besitzen muss. Wie sehr diese Fähigkeiten ins echte Leben übertragbar sind, ist fraglich. Ich halte es eher für eine ausgedachte Rechtfertigung.

Im Gegensatz dazu gibt es das Argument der Ausstellungsegner, dass Ausstellungen zu stressig für Hunde sind. Diese unzumutbare Tortur sei nichts als eine reine Qual für Hunde und ein egopflegendes Schauspiel für die schleifengeilen Besitzer.

Bei Messen oder der Crufts kann ich diese Idee nachvollziehen. Die Menschen- und Hundemassen dort sind wahrscheinlich zu viel für die allermeisten Hunde. Viele Menschen fühlen sich dabei ja nicht einmal wohl. Man muss aber auch zugestehen, dass viele Aussteller dort die größtmögliche Ruhe für ihre Hunde schaffen und den Massen möglichst fernhalten. 

Bei kleineren Clubschauen, bei denen die Rassen- und Teilnehmeranzahl überschaubar bleibt, finde ich dieses Argument weniger nachvollziehbar. Ein Hund, der mit dieser Kulisse massive Schwierigkeiten hat, braucht mehr Training oder ist eventuell so charakterschwach, dass Ausstellungen tatsächlich zu stressig für ihn sind. Dann sollte er dort aber auch nicht prämiert werden und auch nicht als Zuchttier eingesetzt werden. Trotzdem ist der Stresspegel bei einer lokalen Clubshow, besonders bei kleinen Clubs und bei internationalen Ausstellungen, nicht zu vergleichen.

Die Ganze Diskussion hat meiner Meinung im Kern zwei Ideen als Fazit

  1. Es braucht Prüfungen für Begleithunde bzw. für Nicht-Sporthunde unabhängig von Schönheitswettbewerben. Die Begleithundeprüfung ist schon ein guter Ansatz, ich wünsche mir etwas anspruchsvolleres in diese Richtung.
  2. Der Wert von Rassestandards ist zu überdenken. Zu guten Zuchthunden gehört mehr als ihr Aussehen, es ist fatal, wenn wir Gesundheit dem Standard unterordnen, bzw der richterlichen Interpretation davon. 

Dass ich keinem unterstellen möchte, dass Sie nicht bereits ähnlicher Meinung sind, ist verständlich. Niemandem möchte ich unterstellen, nicht das Beste für die eigenen Hunde im Sinn zu haben.

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